Klischees sind abgedroschene Motive und Redewendungen, die langweilen. Bestenfalls verdreht die Leserin die Augen, schlimmstenfalls legt sie das Buch genervt beiseite. Beim Schreiben sollten Sie Klischees also von vornherein vermeiden. Denn in guten Romanen finden sich davon nur wenige – und wenn sie auftauchen, sollen sie immer eine bestimmte Wirkung erzielen.
Was sind Klischees?
Klischees können auf der Figuren-, Handlungs- oder Motivebene auftauchen. Der ganze Plot kann klischeehaft sein oder es sind einzelne Elemente, von denen man so oder ähnlich schon tausend Mal gelesen hat. In Liebesgeschichten stolpert man häufig über Mr. Perfect: einen reichen, gutaussehenden und äußerst zuvorkommenden jungen Mann. Höchstwahrscheinlich verliebt er sich schon bald in die arme, aber sehr liebenswerte Protagonistin. Das ist wenig innovativ und die Figuren wirken abgedroschen. Ein weiterer Figurenstereotyp ist der durch und durch böse Antagonist, der keine positiven Eigenschaften hat – und zum Teil nicht einmal ein Motiv für seine Boshaftigkeit. Er ist eben einfach so. Man kann sich als Leser nicht in ihn hineinfühlen.
Anfällig für Klischees ist auch die Darstellung von Minderheiten oder die Figurenentwicklung. In vielen Jugendbüchern entwickelt sich die Protagonistin vom grauen Mäuschen zur selbstbewussten Heldin. Das ist zwar eine starke Entwicklung, diese wurde mittlerweile aber so häufig umgesetzt, dass es langweilt. Das gleiche gilt für andere Handlungsabläufe und einzelne Szenenelemente. In Liebesgeschichten stößt man häufig auf Dreiecksbeziehungen oder die Liebe auf den ersten Blick. In Fantasyromanen gibt es nicht selten einen Auserwählten, der von einem alten weisen Mentor unterstützt wird.
Hierbei sind Klischees jedoch von genretypischen Gegebenheiten abzugrenzen. In Liebesromanen geht es fast immer um die Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau. Das wird in diesem Genre erwartet. Mit den Erwartungen zu brechen, kann die Zielgruppe enttäuschen. Es geht also nicht darum, die Genrekonventionen auf den Kopf zu stellen, sondern sie auf eine neue, interessante Art und Weise zusammenzusetzen und damit die Leserschaft zu überraschen.
Wie vermeide ich Klischees?
Um Klischees zu vermeiden, ist es wichtig, sich ihrer bewusst zu werden. Grundlage hierfür ist, viel zu lesen und sich umzuschauen, was es sonst so auf dem Markt gibt. Aktuellen Hypes hinterherzurennen, ist dabei wenig zielführend – sie schlagen früher oder später ins Gegenteil um. Freundliche Vampire waren vor einer Weile sehr beliebt – mittlerweile sind sie zum Klischee geworden. Grundsätzlich gilt: Kopieren Sie nicht von anderen, sondern schaffen Sie etwas Eigenes. Das ist der sicherste Weg, um Klischees zu umgehen.
Betrachten Sie Ihren Plot und überlegen Sie, wo dort Klischees auftauchen und ob es nicht besser wäre, diese zu streichen. Fragen Sie sich: Womit rechnen die Leser? Dann kehren Sie diese Erwartungen ins Gegenteil. Brainstormen Sie dafür ruhig eine Weile und wägen Sie verschiedene Alternativen gegeneinander ab.
Erschaffen Sie darüber hinaus Figuren mit Tiefgang. Je individueller und realer die Charaktere, desto weniger anfällig sind sie für Klischees und klischeehaftes Handeln. Denn so können Sie immer wieder prüfen, ob die Handlung zur Figur passt und ob der Verlauf Sinn ergibt. Wählen Sie nicht den erstbesten Ansatz, sondern überdenken Sie alles, schaffen Sie Alternativen und picken dann die beste heraus.
Planung kann dabei helfen, Klischees vorzubeugen. Sie können aber auch nachträglich noch durch bessere Ideen ersetzt werden. Das kann jedoch mit viel Arbeit verbunden sein, da vielleicht ganze Szenen umgeschrieben, gestrichen oder neu erdacht werden müssen, wenn an grundlegenden Figureneigenschaften oder dem Handlungsaufbau gefeilt wird.
Bewusst mit Klischees spielen
Klischees müssen nicht immer vermieden werden, sondern lassen sich als Stilmittel nutzen. Hierfür ist eine umfassende Kenntnis der herrschenden Klischees notwendig. Sie müssen den Lesern zeigen, dass Sie diese ganz bewusst verwenden und nicht nur einbauen, weil Sie es nicht besser wissen oder können. Wenn Klischees gezielt eingesetzt werden – vielleicht sogar gehäuft auftreten oder sehr überspitzt sind – können dadurch witzige Effekte entstehen.
Klischees sind außerdem nichts Starres. Am Anfang war die Idee mal innovativ und stieß auf Gefallen – sonst wäre sie nicht so häufig benutzt worden. Erst durch den übermäßigen Gebrauch ist sie abgenutzt und zum Klischee geworden. Nach einer Weile kann die Idee aber wieder interessant werden, wenn sie lange genug nicht mehr verwendet wurde. Um diesen Prozess zu verkürzen, können Sie den bekannten Klischees ein neues Detail hinzufügen oder ein Element wegnehmen, sodass etwas Neues entsteht. Klischees sind ein guter Ausgangspunkt für neue Ideen. Spielen Sie bewusst damit und lassen Ihrer Kreativität freien Lauf. Dann müssen Sie sich nicht davor fürchten, dass Ihre Geschichte langweilig und abgedroschen wirkt.
Sprachliche Klischees
Bisher ging es vor allem um inhaltliche Aspekte, doch auch auf der sprachlichen und stilistischen Ebene lassen sich Klischees finden. Das sind bestimmte Formulierungen und Redewendungen wie „Er wurde rot wie eine Tomate“, die mittlerweile so in den alltäglichen Sprachgebrauch übergegangen sind, dass sie keine Wirkung mehr haben. Wählen Sie originelle Vergleiche, Metaphern und Sprachbilder, um Atmosphäre zu schaffen und Bilder vor den Augen der Leserinnen entstehen zu lassen. Aber übertreiben Sie es nicht. Denn durch ihre Neuartigkeit stoppen sie den Lesefluss und ein übermäßiger Gebrauch kann schnell künstlich und gewollt klingen.
Zum Schluss noch eine beruhigende Nachricht: Klischees lassen sich nicht ganz vermeiden und sind auch nicht immer schlecht. Sie bieten etwas Vertrautes für den Leser und erst der übermäßige Gebrauch sorgt für die negative Wirkung.
Sind Sie unsicher, ob ihr Roman zu viele Klischees enthält? Im Zuge eines Lektorats mache ich störende Klischees ausfindig und gebe Ihnen Hinweise, wie Sie Ihren Text verbessern können.