Ein Krimi ohne Leiche? Undenkbar. Ein Krimi ohne interessante Figuren? Leider viel zu häufig. Dabei lebt das Genre nicht nur von der Spannung, sondern auch von den Personen, die durch die Geschichte führen – ob Täter, Opfer, Ermittler oder Zeugen. Doch wie erschafft man Figuren, die mehr sind als Klischees in Trenchcoats?

Was treibt Ihre Figur an?

Bevor Ihr Kommissar den ersten Kaffee trinkt oder Ihre Täterin zum ersten Mal die Nerven verliert, sollten Sie sich eine zentrale Frage stellen: Was will diese Figur wirklich? Geht es um Gerechtigkeit? Um Rache? Um Anerkennung? Hinter jeder glaubwürdigen Figur steht ein innerer Antrieb – und der darf ruhig komplex sein.

Niemand will Unfehlbarkeit beim Ermittlungsteam. Schwächen sind willkommen. Denken Sie an Henning Mankells Kurt Wallander: brillant, aber melancholisch und oft überfordert vom Leben. Solche Kontraste machen Figuren menschlich.

Details statt Klischees

Ein Detektiv, der Pfeife raucht und allein lebt? Das wirkt abgedroschen. Interessanter wird es, wenn Sie Ihren Figuren unerwartete Facetten geben: Vielleicht spielt der Gerichtsmediziner leidenschaftlich Football. Oder die Kommissarin hört heimlich Schlager, würde das aber gegenüber ihrem Team niemals zugeben, weil sie sich für ihren Musikgeschmack schämt. Solche Details müssen nicht dominant sein – sie wirken im Hintergrund und verleihen Tiefe.

Und was ist mit dem Täter?

Auch Täterinnen und Täter verdienen Tiefe. Eine rein „böse“ Figur wirkt eindimensional. Fragen Sie sich stattdessen: Warum handelt diese Person so? Was ist ihr innerer Konflikt, ihre Motivation, ihr Weltbild? Vielleicht glaubt der Täter sogar, das Richtige zu tun. Je nachvollziehbarer seine Logik, desto beunruhigender die Figur. Denken Sie an Tom Ripley, an Dexter oder an Amy Dunne aus Gone Girl: Figuren, die moralisch fragwürdig handeln – und denen wir beim Lesen trotzdem (oder gerade deshalb) gebannt folgen. Auch hier gilt: Zeigen Sie Widersprüche, vermeiden Sie Schwarz-Weiß. Ein glaubwürdiger Täter ist nicht nur ein Monster, sondern ein Mensch mit einer Geschichte.

Dialoge als Fenster zur Figur

Zeigen Sie, wie Ihre Figuren sprechen. Verhält sich ein Zeuge nervös? Redet eine Verdächtige ausweichend? Spricht der Ermittler im Dialekt? Sprache offenbart Haltung, Herkunft und oft auch Absichten – und trägt entscheidend zur Figurenzeichnung bei.

Schreibcoaching-Tipp: Der innere Monolog

Probieren Sie es aus: Schreiben Sie eine Szene nicht nur von außen, sondern aus der Innenperspektive einer Figur. Was denkt sie wirklich? Was sagt sie – und was verschweigt sie? Der innere Monolog hilft, psychologische Tiefe zu erzeugen und Ihre Figuren lebendig werden zu lassen. Diese Szene muss dann nicht im finalen Manuskript landen, es kann allerdings hilfreich sein, etwa bei einer Befragung genau zu überlegen, was sich im Kopf einer Person abspielt, die plötzlich zwei Polizeikommissarinnen gegenübersitzt.

Fazit

Ob Kommissar, Zeugin oder Täterin – gute Figuren sind nie bloß Mittel zum Zweck. Bestenfalls tragen sie den Krimi. Sie irritieren, faszinieren, bleiben im Kopf. Und manchmal stehlen sie sogar dem Plot die Show. Lassen Sie sie das ruhig tun.

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